Stein an der Traun

Vorgeschichte:

Schloss und Burg Stein an der Traun besteht heute neben der Brauerei im Wesentlichen aus vier Teilen:

das um 1100 entstandene Hochschloss
die im ausgehenden Mittelalter erbaute Höhlenburg
sowie das Unterschloss
und die noch vor 1700 errichtete Klause (Eremitage)

Um 1100 entstand ein erster Steinbau des Hochschlosses, umrandet von einem Wall. Mit Bernhard von Stein und Eulenschwang erschien um 1130 der erste Angehörige eines edelfreien Geschlechts. Diese wurden um 1200 von der Steiner Linie der Törring abgelöst, die im 15. – 17. Jahrhundert vielfach hohe Ämter bekleideten. 1489 wurde die Brauerei erstmals urkundlich erwähnt. In der Zeit von 1490 bis 1520 erhielt das Hochschloss seine heutige Form.

1661 ging der Besitz an den Grafen Carl Fugger von Kirchberg und Weißenhorn. Dessen Tochter Maria Johanna brachte das Anwesen durch Heirat an die Freiherren Lösch von Hilgertshausen. 1829 war die Familie Lösch gezwungen, Schloss Stein an den Freiherren Maximilian Joseph von Käser zu verkaufen. Dieser veräußerte den Besitz aber bereits sechs Jahre später an den Münchner Bankier Martin Carl von Kraft.

 

Stein unter den Leuchtenbergs

Martin Carl v. Kraft und dessen Sohn Hermann Leonhard verkauften das Gut am 23.6.1845 an Dona Amalia, Kaiserinwitwe von Brasilien. Amelie war eine Tochter von Eugène de Beauharnais, 1. Herzog von Leuchtenberg und Fürst von Eichstätt und der bayerischen Prinzessin Auguste Amalie. Sie hatte 1829 Pedro I., Kaiser von Brasilien, geheiratet und nach seinem frühen Tode (1834) Stein zusammen mit Seeon und den ausmärkischen Gebieten Kienberg und Altenham als Witwensitz für sich und ihre Tochter erworben. Das Landgut Stein umfasste damals (um1850) einschließlich zweier Seen 1071 Tagwerk und eine Brauerei, in der jährlich ca. 3000 Scheffel Malz versotten wurden und die als die bedeutendste in ganz Oberbayern außerhalb Münchens galt.

Unter Dona Amalia verschwand 1848 der letzte Rest der mittelalterlichen Ordnung, als die Hofmarks- oder später Patrimonialgerichtsbarkeit auf den Staat überging, der von nun an die Rechtsprechung allein ausübte. Sicherlich lag der Kaiserinwitwe nicht viel an diesem überholten Privileg, sie fühlte sich bestimmt mehr als Wohltäterin für ihre Güter und die Bewohner. So stiftete sie 1870 den stattlichen Betrag von 500 Gulden für die Familien der Soldaten, die im Deutsch-Französischen Krieg im Felde standen. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern besaß Dona Amalia als Großaktionärin der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank ein bedeutendes Vermögen, das allerdings ohne direkten Erben blieb, denn ihre einzige Tochter war bereits mit 22 Jahren gestorben. In ihrem Testament von 1863 (siehe Anhang 1) hatte sie Stein dem Erzherzog Ferdinand Maximilian v. Österreich, dem späteren Kaiser von Mexiko zugedacht, doch machte dessen früher und tragischer Tod diese Absicht zunichte. Dafür gelangte nach Dona Amalias Tod am 26.1.1873 in Lissabon ihr Neffe in den Genuss der ganzen Erbschaft, nachdem Seeon an Amalias einzige lebende Schwestern, Josephine von Schweden, gefallen war; von dieser an den neuen Besitzer von Stein weiterveräußert wurde.

Fürst Nikolaus Maximilianowitsch Romanowskij, 4. Herzog von Leuchtenberg, wie sein voller Titel lautete, war durch seine Mutter, Tochter des Zaren Nikolaus I., mit dem russischen Hochadel verwandt. Er sprach nur gebrochen Deutsch und blieb wie seine Nachkommen dem russisch-orthodoxen Glauben in einer katholischen Umgebung treu, wenngleich das seinem abergläubischen Wesen keinen Abbruch getan zu haben schien. 

Adalbert v. Bayern schrieb über das Leben der Familie: „Die Kinder von Nikolaus Romanowsky wuchsen im Schloss Stein auf und wurden von einem russischen Hauslehrer erzogen. Abgesehen von der Zeit des russisch-türkischen Krieges (1877-78) verbrachte der Hausherr fast sein ganzes Leben in Stein. Dieser Ort an der Traun erlebte damals seine große Zeit mit Einladungen und Festen. Die Hausfrau soll im Extrazug zur Besorgung ihrer Toiletten nach Paris gefahren sein. Der Zug soll aus einem Salonwagen für die Herrschaft, einem Viehwagen für die Milchkuh und einem Güterwagen mit Heu für die Kuh bestanden und oft lange unter Dampf in Altenmarkt gewartet haben. Das Schloss wurde leider in einer Art Neugotik umgebaut. Ganz so idyllisch war es nun wieder nicht! Der Fürst war zwar mit seiner Familie häufig und oft für längere Zeit von Stein abwesend, doch wurde er bei seiner Rückkehr von Traunstein mit der Kutsche abgeholt, da die Lokalbahn nach Trostberg erst acht Monate nach seinem Tod eröffnet wurde. Fast immer hielt sich Nikolaus zur Zeit seines Geburtstages am 4. August in Stein auf. Er beging ihn als passionierter Jäger meist durch ein großes Scheibenschießen auf dem Hochschloss, an dem sich Schützen aus der ganzen Umgebung beteiligten. Abends fand dann die feierliche Preisverteilung bei Illumination und Feuerwerk auf der Terrasse des unteren Schlosses statt. Der Fürst zeigte außerdem eine große Vorliebe für Standkonzerte mit Blechmusik, bei denen getanzt und Bier ausgeschenkt wurde, während die Herrschaften auf der Schlossterrasse verweilten. Wegen seines leutseligen Wesens und seiner Freigebigkeit erfreute er sich großer Beliebtheit bei der Bevölkerung.“

Nikolaus kümmerte sich sehr um die Erhaltung seines Besitzes. Anfang 1879 ließ er durch den Münchner Mechaniker Alois Zettler zwei Haustelefonapparate und eine elektrische Klingelanlage im neuen Schloss installieren, um seine Diener schneller herbeirufen zu können. Zwei Jahre später wird eine kleine Fischzucht mit offenen Bassins angelegt. Die größte Veränderung aber geschah in den Jahren 1885/6, als das untere Schloss im gotischen Stil umgestaltet und die Hauskapelle renoviert wurde.

Nikolaus v. Leuchtenberg erlag knapp 48-jährig am Dreikönigstag 1891 in Paris einem Kehlkopfleiden. Im Mai des gleichen Jahres verstarb auch seine Frau Nadine. Erben waren die beiden Söhne, obwohl Nikolaus Brüder versuchten, diese zu enterben. Nikolaus jun. und Georg veräußerten im folgenden Jahr den Steiner Besitz an die altbayerische Adelsfamilie v. Arco-Zinneberg, deren damals noch minderjähriger Spross, Graf Josef neuer Eigentümer wurde.

 

bis heute

Nach einem Brand in der Brauerei im Jahre 1905 ließ Joseph Graf von Arco-Zinneberg 1907 das Bräuhaus neu erbauen. In den Jahren 1920 bis 1926 betrieben die Maristen-Schulbrüder ein Internat für ihren Nachwuchs (Juvenat). Wirtschaftliche Zwänge veranlassten den Grafen zum Verkauf des Besitzes an die Spekulanten Rieger und Konrad. Bereits 1934 übernahmen Dr. Max Wiskott mit seiner Frau Ilse und Otto Connix Schloss und Gut Stein. 1948 gründete Ilse Wiskott ein Schullandheim. Daraus entstand das heutige Gymnasium und Internat. Das Hochschloss, die Höhlenburg und die Klause wurden von 1990 bis 1993 renoviert.

Das Hochschloss und das untere Schloss können derzeit nicht besichtigt werden. Das Innenleben des Hochschlosses wird derzeit in seiner Bausubstanz durch den Verein der Freunde der Burg Stein mit öffentlichen Mitteln und Zuschüssen der Brauerei sowie Eigenleistungen wieder hergestellt.

 

 

Bild 1: Brauereigaststätte, Bild 2: Neues Schloss und Bild 3: Höhlenburg

 

 

Bild 1: Neues Schloss/Gymnasium, Bild 2: Nagelfluewand - Weg zur Klause und Bild 3: Eingang Neues Schloss

 

Text und Fotos: Josef Schönwetter (vorzugsweise entnommen aus verschiedenen Veröffentlichungen mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Michael Elsen und Herrn Dr. Hans-Jürgen Schubert sowie aus „Die Herzen der Leuchtenberg“ von Adalbert Prinz von Bayern)

 

Anhang 1

Ziffer 11 des eigenhändig in Französisch geschriebenen Testaments vom 16.1.1863 von Amelie von Leuchtenberg:

„Für den Fall, dass ich nicht, wie ich die Absicht habe, bei meinen Lebzeiten dem Erzherzog Ferdinand Maximilian von Österreich mein Gut Stein in Bayern als Donation geben kann, so vermache ich ihm durch gegenwärtiges Testament besagtes Gut Stein mit allem, was dazu gehört und was es zur Zeit meines Todes enthält. Dadurch will ich beweisen, dass ich ihn wie einen Sohn liebe und dass ich mich glücklich geschätzt hätte, ihn zum Schwiegersohn zu bekommen, wenn mir Gott meine geliebte Tochter Marie Amelie erhalten hätte. Der große Höhenberg genannte Wald, vormals zu Seeon gehörig, macht jetzt einen Teil des Besitzes von Stein aus. Außerdem verschreibe ich dem Erzherzog ein Kapital von 40.000 fl. aus meinem Vermögen in Bayern zur Ausbeutung des Gutes und der Brauerei. Das Gut Seeon, vormals ein Kloster, mit den kleinen Waldungen, die dazu gehören, und der Hof von Niereid sind kein Bestandteil des Gutes Stein und bleiben in meiner Erbmasse. Falls der Erzherzog Ferdinand Maximilian ohne Kinder aus seiner Ehe mit der Erzherzogin Charlotte geborener Prinzessin von Belgien sterben sollte, in diesem Fall würde das Gut Stein meinem Neffen Nikolaus von Leuchtenberg, ältesten Sohn meines geliebten Bruders Herzog Maximilian von Leuchtenberg, zufallen.“