Napoleons III. erste Niederlage fand in Eichstätt statt

Es gab Zeiten, da wurde der 2. September jedes Jahres als „Sedanstag“ voll patriotischer Begeisterung auch an den Eichstätter Schulen stürmisch gefeiert. An diesem Tag im Jahre 1870 musste nämlich der französische Kaiser Napoleon III. vor den preußischen Truppen kapitulieren. Dabei soll er Otto v. Bismarck, dem späteren Reichsgründer, bei Sedan seinen Degen persönlich übergeben haben.

Schon viele Jahre vorher jedoch hatte Napoleon III. seine „erste Niederlage“ in Eichstätt einstecken müssen! Als Knabe weilte er einige Male bei seinem Onkel Eugen Beauharnais, Herzog von Leuchtenberg und Fürst von Eichstätt, in der Bischofsstadt.

Nach dem Sturz Napoleons I. hatte dieser als Schwiegersohn des bayerischen Königs Max I. Joseph im Jahre 1817 Teile des alten Hochstifts als standesgemäße Versorgung erhalten.

Eugens Schwester Hortense war mit Louis Napoleon verheiratet, der von seinem Bruder zum König von Holland eingesetzt worden war. Nach dessen Sturz wohnte Hortense mit ihrem gleichnamigen Sohn und dessen Bruder Napoleon Louis einige Jahre auch in Augsburg. Weil die Geschwister Beauharnais sehr enge Bindungen pflegten, besuchte Hortense mit ihrer Familie öfters ihren Bruder in Eichstätt.

Dabei soll einmal folgende Begebenheit geschehen sein, die zwar nicht historisch verbürgt ist, jedoch den Schulkindern im Heimatkundeunterricht noch lange als interessante Anekdote erzählt wurde:

Der damals etwa fünfzehnjährige Louis Napoleon, genannt Lou-Lou, versteckte sich aus Spaß und Langeweile hinter einem der Schilderhäuschen, die heute noch vor dem Residenzgebäude stehen. Wenn dann Eichstätter Buben vorbei kamen, stürzte er hervor und traktierte sie mit einem Stock. Allerdings hatte er nicht mit der List und dem Mut der Eichstätter Gassenjungen gerechnet.

Als er wieder einmal auf sie losschlagen wollte, hatten sie ihm eine Falle gestellt und verdroschen den späteren Kaiser von Frankreich tüchtig. Der auf das Geschrei des Prinzen hin am Balkon erschienene Onkel kam ihm aber keineswegs zu Hilfe, sondern lachte ihn nur herzlich aus.

Heute wird die Geschichte glücklicherweise nicht mehr mit nationalistischen Augen gesehen, sondern ist ein Zeugnis für die schon lange bestehenden Beziehungen zwischen Eichstätt und Frankreich, an die man im Zeichen der europäischen Vereinigung gerne erinnert.


Rudolf Hager